Wir beauftragen Kevin Gray oft und gern mit dem Remastering
unserer Reissues, so etwa für die aktuelle Wiederveröffentli-
chung von Harry Belafonte. Dafür versuchen wir, ihm stets das
bestmögliche Ursprungsband an
die Hand zu geben. Dies bedeutet
oft ziemliche Mühe, Nerverei und
lange Wartezeit. Aber nur so ist
höchste Qualität garantiert. Denn
eins steht fest: Obwohl beim Mas-
tering vielfältig eingegriffen werden
y
kann, hängt die Qualitätdes Reissues
letztlich von der Güte der Vorlage ab."
Abey Fonn, Impex Records
m it N achfragen ein, v o n w elcher V o r-
lage dieser o d er je n er S chnitt gem acht
w urde. Die Labels haben m ich schon vor
m ehr als zehn Jahren dazu verpflichtet,
solche In fo rm atio n en n ich t m eh r h e -
rauszugeben, weil sonst die D iskussi-
on en ins U ferlose führen, u n d daran
halte ich m ich auch. Z uw eilen frage
ich zurück: M ögen Sie den Sound? W ie
klingt die Platte für Sie? M ich freut es,
w enn die Leute über die A rt u n d Q ualität
des Klangs ihrer M usik nachdenken, aber
w eshalb ist es dafür w ichtig, den konkre-
ten U rsp ru n g zu wissen?
I
Vielleicht, weil’s gerade den HiFi-Fans
um mehr als die reine Musik geht.
Schon okay, doch das E rgebnis ist von
so vielen F aktoren abhängig, dass sim -
ple „Q uellenforschung“ nicht weiterhilft.
M ein liebstes Langzeitprojekt sind die Blue
N ote-R eissues. Im Laufe d er Zeit habe
ich m ehr als 200 von ih n en für drei v er-
schiedene Labels gemacht: M usic M atters,
A coustic S ounds u n d U niversal Japan.
Jeder K u n d e w ollte ein etw as anderes
Tim bre. So m usste ich aufpassen, jeweils
die richtige N uancierung zu treffen. Dies
hatte überh au p t nichts m it der Vorlage
zu tun. O bendrein - u n d das bleibt jetzt
besser ungeschrieben - h at Blue N otes
berühm ter T onm eister R udy V an Gelder
die Sachen dam als unter gänzlich anderen
U m ständen für eine andere H örerschaft
gem astert u n d dabei die M usik oft nicht
n u r um sechs D ezibel kom prim iert, so n -
dern obendrein kräftig in den M itten und
H öhen angehoben. Die M astertapes zei-
gen nichts davon. Ich habe ih m dennoch
nachgeeifert, dam it das R esultat zu m in -
dest im B ereich dessen blieb, w as V an
Gelder einst ablieferte. T rotzdem blieben
K lagen n icht aus, weil die Reissues nicht
so krisp u n d strahlend wie die O riginale
klangen. D och erkläre das alles m al einem
Japaner, der jede K ritik an seinem Idol
V an G elder sofort als persönliche Belei-
digung auffasst. D a bew egt m an sich auf
verm intem Terrain! I
I
Wir sind wohl auch nicht besser, denn
es interessiert uns, was konkret für das
45er-Doppelalbum „TheMany Moods Of
Harry Belafonte“gemacht wurde, das wir
unlängst rezensiert haben.
A ch je, da m ü sste ich jetzt erst m eine
U n terla g en ‘rau ssu ch en , ab e r es w ar
sehr wenig. D as B and, das ü b er Im pex
Records angeliefert w urde, klang näm lich
erstklassig. D och es gab ein witziges P hä-
nom en: In einem Stück h ö rt m an im H in -
tergrund eine A rt Krachen. Dieses w ar in
den Liner N otes als Blitzeinschlag w äh-
rend der A ufnahm e verm erkt, u n d es gab
die A nw eisung au f dem M astertape, das
G eräusch drinzulassen. E hrlich gesagt,
sind w ir erst bei der T estpressung d arü -
ber gestolpert und ziemlich aufgeschreckt:
„W as, um H im m els W illen, ist das denn?“
I
Reissues in hoher Qualität sind klasse,
solange die Apparate mitspielen. Aber wie
lange noch? Wie steht’s um Ersatzteile für
das zum Teil betagte Equipment?
O h, m it N achschubproblem en h at m an
dauernd zu käm pfen - von den D rehteilen
bis h in zu einfachen R iem chen, die m itt-
lerweile vom M arkt verschw unden sind
u n d für die m an neue Lieferanten auftun
In diesem unscheinbaren Schrank steckt die
speziell entwickelte und gebaute Mastering-Elekt-
ronik von Cohearent Audio
m uss. W enn etwas zu ersetzen ist, kann es
passieren, dass das Teil extra angefertigt
w erden m uss. A ber da h at m an halt so
seine Q uellen, zum Beispiel für die T on-
köpfe m einer B andm aschinen.
I
Unter den Vinyl-Liebhabern kursiert vor
allem die Befürchtung, dass die Schneid-
köpfe irgendwann verschlissen sind und
dann der Vinylnachschub abreißt.
Das glaube ich nicht. D a hätte ich eher
A ngst, dass es k ein e L ackfolien m e h r
gibt. D ie Sache m it den S chneidköpfen
ist u n te r K ontrolle. Z u m G lück besitze
ich fü n f N eum ann-Schneidköpfe in sehr
gutem Zustand. Es gäbe aber Spezialisten,
die sie in h oher Q ualität erneuern k ö n n -
ten. Das w eiß ich von Kollegen, denn die-
sen Service habe ich selbst bislang noch
n icht benötigt. Also, keine Panik!
I
Wir HiFi-Fans sind halt besorgt.
H m m , w om öglich m anchm al zu sehr. Als
ich die Blue N otes m achte, rief m ich ein
H örer aus dem benachbarten B rentw ood
an und lud m ich ein, m eine Scheiben über
seine H ighE nd-A nlage anzuhören. Die
w ar schon super, aber er wollte Tipps, in
w elcher W eise er ihre Perform ance w ei-
ter steigern könnte, weil ich ja schließlich
genau w issen m üsste, wie es zu klingen
hat. O h boy! Ich w ünschte, die HiFi-Leute
w ürden sich m ehr für die M usik interes-
sieren und weniger dafür, welche Kabel sie
gerade verw enden oder wie sie ihren Plat-
tenspieler am besten entkoppeln. Viele
verbeißen sich zu sehr in solche K leinig-
keiten, u n d es scheint schw ierig für sie,
sich von dieser O bsession zu lösen. N a ja,
was sage ich! M ir geht’s auf andere W eise
ja genauso, denn w enn ich eine x-belie-
bige Platte höre, frage ich m ich unw ill-
kürlich, was m an im M astering w ohl hätte
besser m achen können.
Das Interview führte Matthias Böde
9/2014 STEREO 49
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